Der eiskalte Himmel

Mit Der eiskalte Himmel hat Mirko Bonné eine der berühmtesten Antarktisexpeditionen zu einem Abenteuerroman verarbeitet.

Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges plant der britische Polarforscher Sir Ernest Shackleton, die Antarktis zu Fuß zu durchqueren. Im August sticht er mit der Endurance, einer 27-köpfigen Besatzung, Schlittenhunden und einem Grammophon in See. Auf ihrer Fahrt in die antarktischen Gewässer entdecken sie einen blinden Passagier. Den 17-jährigen Merce Blackboro aus New Port, der fortan als Küchenjunge mit fährt.

Durch Schnee und Kälte steuert die Endurance durch die antarktischen Gewässer den Hafen des südgeorgischen Walfangortes Grytviken an. Unmengen von Packeis befinden sich bereits weit südlich des Weddel-Meeres. Der Leiter der Walfangstation rät von einer Fahrt in die Vahselbucht ab. Auch der Pastor versucht bei der letzten Messe, das Expeditionsteam von dem arktischen Abenteuer fernzuhalten. Bringt den Krieg nicht ins Eis, fordert Gott nicht heraus, denkt doch an Scott und die Titanic, ruft er von der Kanzel. Doch am 5. Dezember 1914 verlässt die Endurance Grytviken in Richtung der Südsandwhichinseln. Um sie herum eine unendlich scheinende Eisdecke, die alles verschluckt, nur nicht die Stille. Meterhohe Eisberge, ganze Felder voller sich bewegendem knirschendem Eis. Bitterkalte Nächte, die die Männer besonders bei der Rattenwache von Mitternacht bis zum frühen Morgen spüren.

Es ist der erste Weihnachtstag und sie sind noch weit vom südlichen Weddel-Meer entfernt. Und sie wissen, dass es Ende Januar zugefroren sein wird.
Sie erreichen Coatsland und sind umringt von steilen Eisküsten. Plötzlich bricht ein Schneesturm herein. Sie suchen Schutz in einer Bucht und während sie dort ausharren, umschließt sie langsam und still das Packeis. Zu allem Übel treibt die Strömung sie auch noch von der Küste weg und am 25. Februar 1915 hält das gefrorene Meer die Endurance gefangen. Monate im Eis stehen bevor. Der antarktische Winter hat gesiegt, die Expedition ist gescheitert. Eisige Temperaturen, ständiges Frieren, die Polarnacht, die die Sonne verschlingt, Langeweile, die durch Fußball- und Quizspiele bekämpft wird, Feiern im Schiffsgang - dem so genannten Ritz, bestimmen den Tag der Mannschaft. Die Stimmung sinkt und als sie ihre Schlittenhunde durch einen Wurmbefall verlieren, liegen die Nerven restlos blank.

Eis packt das Schiff und quetscht es wie in einem Schraubstock zusammen. Die Mannschaft rettet sich und drei Beiboote auf eine Scholle. In ihrem „Lager der Geduld“ hungern und frieren sie. Mit dem zurückkehrenden Sommer taut das Eis und die beschädigte Endurance sinkt. Die Mannschaft sieht fassungslos und erschüttert dem Untergang zu. Ihre letzte Hoffnung sinkt in die tiefen des Eismeeres. Die Scholle wird gerammt. Stück für Stück bricht sie auseinander. Zwischen dem treibenden Packeis gelingt es ihnen, ihre Boote zu Wasser zu lassen. Kurs Elephant Island. Zwischen stürzenden eisigen Wellenbrechern hindurch landen sie im Morgengrauen im April 1916 auf der von frostigen Sturmwinden überzogen Insel. Aber sie wissen, ohne Proviant werden sie den näher rückenden antarktischen Winter nicht überleben. Shackleton trifft eine harte, mutige Entscheidung. Er scheut kein Risiko als er mit fünf seiner Männer in das Rettungsboot James Caird steigt, um Hilfe zu holen. Kurs Südgeorgien, die Walfangstation Grytviken.

Nach einer zweiwöchigen Irrfahrt, umgeben von meterhohen Schneewänden, eisigen und tobenden Wellenbergen erreichen die tapferen Männer nach über 1000 km die Südwestseite Südgeorgiens. Von der Walfangstation im Nordosten der Insel trennt sie aber ein riesiger Gletscher, den sie mit den letzten Kräften robbend, kniend, kletternd überwinden. Erschöpft, zerlumpt und ausgemergelt treffen sie nach 17 Monaten Odyssee wieder auf Menschen.

Auch die auf Elephant Island zurückgebliebenen 22 Männer holt Shackleton zurück. Shackleton verarbeitet die Erlebnisse in seinem Roman „South“. Merce Blackboro trifft Shackleton vermutlich das letzte Mal 1919 in New Port auf einer Lesereise wieder.

Der eiskalte Himmel von Mirko Bonné. Eine Reise in das letzte große antarktische Abenteuer nach Amundsen und Scott. Der Versuch von Sir Ernest Shackleton die Antarktis zu durchqueren. Faktengetreu und kunstvoll mit etwas Fantasie untermauert. Lebhaft und reizvoll erzählt von dem 17-jährigen blinden Passagier Merce Blackboro. Eine faszinierende und überwältigende Beschreibung des gnadenlosen Eises und der eisig klirrenden Stimmung der fremden Welt, der Antarktis. Der Blick in diese kalte fremde Welt ist schaurig und gleichzeitig überwältigend. Hoffnung und Glaube bestimmen das Überleben. So wie Merce Blackboros zurückgelassene Illusion einer Liebe zu Ennid Muldoon und der Glaube an einen Talisman, den kleinen Fisch und wie die optimistisch couragierte Natur von Sir Ernest Shackleton. Glücklich den Eiskrieg überlebt zu haben, blickt das Expeditionsteam bei seiner Rückkehr jedoch in die Fratze des ersten Weltkrieges.

Der Sprecher, Andreas Pietschmann, beherrscht sein Instrument, seine Stimme, vorzüglich. Indem er verschiedene Stimmlagen farbenreich kombiniert und variiert, erzeugt er Neugier und weckt Spannung. Jede CD beginnt und endet mit einem musikalisch begleiteten Meeresrauschen. Eine wirklich klangvolle Collage eines großen Abenteuers.

Mirko Bonné, Der eiskalte Himmel, gesprochen von Andreas Pietschmann, GoyaLit aus dem Hause JUMBO, Neue Medien & Verlag GmbH, Hamburg 2006, 4 CD, 300:46 min, ISBN 3-8337-1585-5

 

 

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