Unten sind ein paar Typen

Antonio Dal Masettos in Argentinien angesiedelter Roman spielt zur Zeit der Militärdiktatur. Es ist das Jahr 1978, Fußballweltmeisterschaft und die ganze Welt blickt auf Argentinien. Und in den Straßen von Buenos Aires feiern die Menschen, überflügelt und beseelt von dem Fußballerfolg, mit ausgelassenem und lautem südamerikanischen Temperament. „Eine Stadt im Partyrausch, fahnengeschmückt Autokarawanen, Hupen, Trompeten, volle Kneipen und Menschen, die einander in die Arme fielen. Und das in der Stadt, in der seit Jahren jede Versammlung von mehr als drei Personen als verdächtig galt.“

Ist es nur ein Zufall, dass ein paar Typen vor dem Haus des Redakteurs Pablo stehen? Warum sollten sie gerade auf Pablo Jagd machen? „Ich habe nichts zu verbergen. Nie habe ich mich in Politik eingemischt.“ versucht Pablo sich zu beruhigen. Doch das Unbehagen seiner Freundin Ana überträgt sich Stück für Stück auf Pablo. „Die haben uns alle im Visier. Hier genügt es doch zu denken, damit sie einen ins Visier nehmen.“ Die Angst beginnt ihr Eigenleben zu entwickeln. Immer mehr dominiert sie Pablos Alltag. Er durchsucht seine Wohnung und was er findet ist „Das Gesicht eines erschrockenen Mannes.“ Er versucht einer Razzia zu entkommen, versteckt sich im Hotel und flieht aus der Stadt.

Mit schlicht gehaltener Erzählstimme zeichnet der argentinische Autor Antonio Dal Masetto ein düsteres Bild der Zeit der argentinischen Militärdiktatur nach dem Scheitern des Peronismus.

Aus der Perspektive des Redakteurs Pablo beschreibt Dal Masetto die repressive Realität unter der Militärjunta. Der Alltag dominiert von Razzien und Jagd auf Menschen und die Angst selbst ins Netz der Häscher zu geraten. Masetto schildert das Schicksal der Entführten, der Gefangengenommenen, der nie wieder Aufgetauchten, der Ermordeten, der ins Meer entsorgten. Laut Menschenrechtsorganisationen annährend 30.000. „An den Stränden tauchen andauernd Leichen auf. Sie werden vom Meer angeschwemmt.“ Und während die Gefangenen gefoltert werden, ertönt aus den Stadien die argentinische Nationalhymne: „Hört Sterbliche, den heiligen Schrei: Freiheit, Freiheit...“ Eine freie und friedliche Welt, die die Militärdiktatur zeigt. „Argentinien ist Weltmeister. Wir haben die Welt gewonnen.“ Und die ganze Welt blickt auf Argentinien und für die Verfolgten bleibt einzig die Melancholie des letzten Tangos und die Flucht als einziger Weg. „Er dachte an seine Wohnung, die Stadt im Siegestaumel, und es war, als stammten diese Bilder aus einer fernen und endgültig verlorenen Zeit.“

Antonio Dal Masetto, Unten sind ein paar Typen, Roman, aus dem Spanischen von Susanne Mende, Titel der Originalausgabe: Hay unos tipos abajo, Rotpunktverlag, Zürich 2007, 152 Seiten, gebunden, 1. Auflage, Fr. 27.-, Euro 16,00, ISBN 978-3-85869-352-5

© Soraya Levin